40 Jahre zurückversetzt

Bei der aktuellen Diskussion über die Strafzettel in französischer Sprache bei Geschwindigkeitsübertretungen fühle ich mich 40 Jahre zurückversetzt. Damals war es fast üblich, dass von wallonischer Seite keine große Rücksicht auf unsere deutschsprachige Sonderheit genommen wurde. Ich glaubte, diese Zeiten wären vorbei.

Ich bin kein Jurist und habe keine genaue Kenntnis der gegebenen Gesetzeslage. Ich würde mich aber sehr wundern, wenn für ein Vergehen, das ich im deutschsprachigen Gebiet als deutschsprachiger Belgier begehe, mir der Strafbescheid in einer anderen Landessprache zugestellt werden darf, um rechtskräftig zu sein. Ich kann es mir wirklich nicht vorstellen, dass einem Flamen für ein Vergehen in Flandern ein französischsprachiger Bescheid ins Haus flattert, und noch viel weniger, wenn dies in der Wallonie auf Niederländisch erfolgte. Wie ist es unter diesen Umständen möglich, dass dies bei uns nun über Wochen der Fall ist, ohne dass sich groß darüber aufgeregt wird. Ich vermisse eine entsprechende Reaktion unserer führenden Persönlichkeiten, die doch eigentlich unsere Rechte verteidigen sollen. Und sollte wirklich irgendein Zweifel an der juristischen Situation bestehen, so wäre es längst an der Zeit, einen entsprechenden Experten zu konsultieren. Was hört man statt dessen: man würde sich darum bemühen, dass die zuständige Behörde doch bitte auch irgendwann deutsche Bescheide verschicken möge. Selbst einen Strafbescheid aus Frankreich erhält man als Bewohner des deutschsprachigen Belgiens in einwandfreier deutscher Übersetzung.

Endlich hat sich ein Betroffener gewehrt und hat vom Polizeigericht Recht bekommen. Dies hätte eigentlich jeden Deutschsprachigen erfreuen müssen. Was aber geschieht! Unserer Staatsanwaltschaft droht an, sich gegen diesen Bescheid zur Wehr zu setzen und dies durch alle Instanzen, sogar bis zum Kassationshof, wobei ich mich frage, was dieser in einem Verwaltungsverfahren zu suchen hat. Man hat fast den Eindruck, der Kläger soll durch die Kosten eines langwierigen Verfahrens abgeschreckt werden.

Ich hatte eigentlich gedacht, dass alle Instanzen endlich froh darüber wären, dass die Sprachengesetzgebung kein leerer Wahn ist, sondern auch von unserer Strafverfolgungsbehörde respektiert wird. Ich kann nur hoffen, dass der betreffende Kläger durch den Einspruch der Staatsanwaltschaft nicht eingeschüchtert wird.

P.S.: Vor einigen Jahren wurden Anklagen gegen Alkoholsünder kassiert, nur weil die Blutanalyse nicht auf Deutsch war.

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