Glücks-Ministerin Ons Jabeur übt sich in Geduld

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Ons Jabeur bestreitet heute das Finale. | Foto: Photo News

Die Venus Rosewater Dish hatte Ons Jabeur bereits vor einem Jahr stets griffbereit. Wann immer sie auf ihr Handy blickte, leuchtete die Schale, die seit 1886 der Siegerin von Wimbledon überreicht wird, auf dem Startbildschirm auf. Nur: Das Original hat die 28 Jahre alte Tunesierin noch nicht in den Händen gehalten, trotz bester Chancen.

Im vergangenen Jahr verlor Ons Jabeur aus Ksar Hellal südlich von Monastir das Endspiel auf dem heiligen Rasen gegen Jelena Rybakina aus Kasachstan in drei Sätzen. Wenige Wochen später unterlag sie auch noch im Finale der US Open, gegen Iga Swiatek aus Polen. Als sie zu Jahresbeginn in der Netflix-Serie „Break Point“ nochmals damit konfrontiert wurde, trieb es Jabeur und ihrem Mann Karim Kamoun die Tränen in die Augen.

Diesmal soll es klappen, auch wenn im Finale am Samstag (15.00 Uhr MESZ) in Marketa Vondrousova eine Gegnerin wartet, die wieder wesentlich besser spielt, als es ihre Position auf der Weltrangliste (42) vortäuscht. Was Jabeur Zuversicht gibt, dass sie endlich als erste arabische Frau und Afrikanerin einen Grand Slam gewinnt, ist ihre neue mentale Stärke: Sie hat gelernt, Dinge so hinzunehmen, wie sie sind.

„Mein altes Ich hätte dieses Match wohl verloren“, sagte Jabeur nach dem Krimi im Halbfinale gegen Aryna Sabalenka aus Belarus, Zweite der Weltrangliste. Das alte Ich hätte beim Stand von 6:7 (5:7) und 2:4 wohl die Nerven verloren. Doch diesmal gelang es Jabeur, „tief in mir zu graben“ und etwas zu finden, was die Wende zum Dreisatzsieg einleitete. „Ich habe mir gedacht: Scheiß drauf, und hau einfach den Return rein.“

Für ihr Heimatland Tunesien ist die emotionale Jabeur die „Ministerin des Glücks“, doch dass sie ihr eigenes nun mal nicht erzwingen kann, machte ihr erst eine Mentaltrainerin bewusst. Die vielen Rückschläge im vergangenen und in diesem Jahr hätten sie deshalb gelehrt, dass man „geduldig sein muss“, sagt Jabeur, es gäbe nun mal „Dinge die ich nicht kontrollieren kann“.

Nach den Australian Open musste Jabeur am Knie operiert werden, vor den French Open plagte sie sich mit Wadenproblemen herum. „Vielleicht“, sagt sie, hätten sie diese Verletzungen entschleunigt, sie habe dadurch gelernt, lernen müssen, „zu akzeptieren, was geschieht“. Das gelte dann auch, wenn der Gegner erst mal unbezwingbar erscheint.

Jabeur hat in Wimbledon einen steinigen Weg gegen hochkarätige Konkurrenz hinter sich, zuletzt im Viertel- und Halbfinale gegen Rybakina und Sabalenka, Siegerin der Australian Open. Gegen beide verlor sie den ersten Satz. Aber: „Ein Match kann man immer mental gewinnen. Das ist in den letzten beiden Matches passiert“, sagt sie.

Gegen Vondrousova, die nach dem Einzug ins Finale der French Open 2019 ein ums andere mal von Handgelenks-Verletzungen und -Operationen zurückgeworfen wurde, ist Jabeur Favoritin. Aber: Zweimal hat sie gegen die 24-Jährige in diesem Jahr schon verloren. „Finale ist Finale“, sagt Jabeur, „wer seine Emotionen besser kontrollieren kann, wird es gewinnen“.

Ach übrigens, Ons, was ist diesmal auf Ihrem Startbildschirm? Ons Jabeur grinst: „Zeige ich nach dem Finale.“ (sid/tf)

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