Priester verhinderte Selbstmord nicht: Im Zweifel gegen das Beichtgeheimnis

Hat sich ein Priester aus Brügge strafbar gemacht, weil er die Hilfsdienste nicht alarmierte? | dpa



Ein Mann, der seit einiger Zeit unter schweren Depressionen litt, hatte einen Priester in seine Selbstmordpläne eingeweiht. Dieser wiederum redete dem Mann zwar gut zu – mehr aber auch nicht: Er kontaktierte weder die Familie des Mannes, noch unternahm er andere Schritte, um die Verzweiflungstat zu verhindern. Das Beichtgeheimnis habe es ihm verboten. Dazu muss man wissen: Einem Priester, der das Beichtgeheimnis bricht, droht im kirchlichen Recht die wohl härteste Strafen: die Exkommunikation. Diese Sanktion fürchtete der Priester offenbar mehr, als ihm ein Menschenleben wert war. Der Mann jedenfalls ließ seinen Worten Taten folgen und brachte sich um. Nun muss sich der Priester wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten.

Eigentlich dreht sich diese traurige Geschichte nicht um den Pfarrer, sondern um eine Grundsatzfrage: Warum gebietet die Kirche ihren Anhängern, nicht zu töten, sieht aber gleichzeitig tatenlos dabei zu, wie ein Mensch seinem Leben ein Ende setzt? Die Kirche macht aus dem Leid der Menschen ein trauriges Machtspiel. Wenn es um Leben und Tod geht, darf einzig und allein das ungeschriebene Gesetz gelten, das besagt, zu helfen und alles Menschenmögliche dafür zu tun, Leben zu retten.

Ist eine Person verletzt, ruft man doch auch den Notarzt. Wieso also nicht auch dann, wenn eine Seele verletzt ist? Nichts darf heiliger sein als das Leben. Und darüber ist nicht einmal die Kirche erhaben. Nun den Priester vor Gericht zu zerren, ist das falsche Signal. Nicht er, sondern die Kirche ist Schuld daran, dass sich die Geschichte nicht doch noch zum Guten gewendet hat. Der Priester war nicht mehr als ein gehorsamer Diener. Ob das nun richtig oder falsch war, darüber sollte kein Gericht entscheiden – das muss der Geistliche mit seinem eigenen Gewissen vereinbaren.