Das Ende einer Ära

Wenn Alfred Küchenberg das alte Verlagshaus am Eupener Marktplatz verlässt, endet eine Ära. Mehr als drei Jahrzehnte hat der 72-jährige Verleger die Geschicke des „Grenz-Echo“ geleitet und die damals in Turbulenzen geratene Zeitung zu einem angesehenen Verlag ausgebaut, der auch in den Sparten Magazine, Bücher, elektronische und digitale Medien ein wichtiges Wort zu sagen hat.

Das GE ist unter seiner Leitung nicht nur zur selbstbewussten Regionalzeitung avanciert, sondern zur Stimme Ostbelgiens in Brüssel und als geschätzter Partner in der Euregio Maas-Rhein. Das ist zusammen mit einer Mannschaft geschehen, die auf die behutsame Führung ihres Verlegers aufbauen konnte.

In der kritischen Zeitspanne von 1985 bis zur offiziellen Festlegung auf den Namen „Ostbelgien“ 2017 ist die Kontur der Autonomie festgelegt worden. Bei allen Ambitionen der Politik wäre das ohne die kritische Berichterstattung des GE nicht möglich gewesen. Während ringsum neue Einrichtungen blühten, behielt die Zeitung den Bezug zum belgischen Inland im Blick. Dass sie fair und unentbehrlich blieb, ist das Verdienst ihres Verlegers, der stets die Versuche der Einflussnahme drängender Politiker zu verhindern wusste. Das hat viel mit Verantwortungssinn und einer Sensibilität für größere Zusammenhänge zu tun.

Der scheidende Verleger stammt aus einer Familie, die in der Textilindustrie sowie im öffentlichen und kulturellen Leben eine markante Rolle gespielt hat. Der Nachfolger stand in den expandierenden Medien und den politischen Herausforderungen ganz in dieser Tradition, um eine belgische und an der freien Marktwirtschaft orientierte Zeitung mit christlichen Werten herauszugeben. Der Verlag fällt jetzt nach 32 Jahren mehrheitlich in frankophone Hände zurück. Dies gilt es, zu beobachten. Das zuvor von engem Patriotismus geprägte Blatt muss ein offenes Bürgerforum für vielfältige Meinungen bleiben. Nah am Menschen, ob in Politik oder Gesellschaft: Das ist Alfred Küchenbergs Lebensleistung. Als Ruheständler auf einer Parkbank kann man ihn sich nicht vorstellen. Seite 4