Gottes Werk und Börnes Beitrag - neuer „Tatort“ aus Münster

Die Schauspieler Jan Josef Liefers (Mitte), Friederike Kempter (l.) und Axel Prahl (r.) bei den Dreharbeiten zum neuen „Tatort“ aus Münster. | Rolf Vennenbernd/dpa

Das Töten ist eine Kunst – zumindest im neuen „Tatort“ aus Münster. Im Vorfeld der weltbekannten Skulptur-Tage treibt ein Serienkiller sein Unwesen in der Stadt. Gewohnt pointenreich führt der Kriminalfall das Ermittler-Duo in die Welt der zeitgenössischen Kunst. Und während sich Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl) dabei auf eine Reise in die eigene Vergangenheit begibt, entdeckt Prof. Karl-Friedrich Börne (Jan Josef Liefers) den Künstler in sich.

In „Gott ist auch nur ein Mensch“ am Sonntag (20.15Uhr) im Ersten wird ganz Münster – wie im wahren Leben auch – zum Schauplatz einer großen Skulpturen-Ausstellung. Kurz vor der Eröffnung entpuppt sich jedoch eine der Figuren als verkleidete und aufwendig präparierte Leiche. Das Opfer ist ein ehemaliger Stadtrat, dem sexuelle Belästigung von Minderjährigen vorgeworfen wurde. Der zweite Tote, ebenfalls in einer Figur in der Stadt versteckt, war zuvor als Verleumder aufgefallen. Schnell ist klar: Der Mörder sucht sich seine Opfer unter den vermeintlichen „Sündern“ der Stadt.

Der Verdacht fällt sofort auf die drei exzentrischen Künstler, die in diesem Jahr ihre Werke in Münster präsentieren. Da wäre zum einen der wortkarge Jan Christowksi (Christian Jankowski), der immer einen silbernen Koffer bei sich trägt, dessen Inhalt er niemandem offenbart. Dann ist da noch Swantje Hölze (Raphaela Möst), die mithilfe einer kleinen Kamera Videoaufnahmen aus dem Inneren ihres Körpers live auf einem Bildschirm präsentiert.

Der große Star aber ist Zoltan Rajinovic alias G.O.D. – mit kurz rasierten Haaren, Schnurrbart und Tattoos auf den muskulösen Oberarmen der Prototyp des abgedrehten Künstlers. Dennoch spielt Aleksandar Jovanovic diese klischeeträchtige Rolle angenehm zurückhaltend. G.O.D. scheint ein ruhiges Gegengewicht zu Thiel und Börne zu sein, die sich im Alter scheinbar noch freudiger in ihren amüsanten Kleinkrieg stürzen. Wie so oft im Münster-„Tatort“ geschieht das Wesentliche ohnehin jenseits der Mordermittlungen: So kommt Kommissar Thiel zu der erstaunlichen Erkenntnis, dass er als Kind in der Hippie-Kommune von Staatsanwältin Wilhelmine Klemm (Mechthild Grossmann) ein und ausging – selbstverständlich in Begleitung seines dauerkiffenden „Vadders“. Börne hingegen entdeckt den Künstler in sich und eifert als neuer Meisterschüler seinem großen Vorbild G.O.D. nach. Die Ermittlungen macht das nicht unbedingt einfacher, zumal mit den beiden auch zwei übergroße Egos aufeinanderprallen.

Wie so oft im Münster-„Tatort“ geschieht das Wesentliche jenseits der Ermittlungen.

Doch auch abseits dieser Geplänkel dürfte der aktuelle „Tatort“ Kunstkennern zumindest ein Schmunzeln abringen: Etwa dann, wenn Thiel den widerspenstigen G.O.D. bei der Vernehmung als einen „Kasper-König“ bezeichnet. Eine Anspielung auf Kasper König, den Kurator der echten Großausstellung Skulptur Projekte 2017 dieses Jahr in Münster. Und auch echte Kunst hat in diesem „Tatort“ ihren Platz, etwa die großen weißen Kugeln am Aasee, ein Überbleibsel der Skulptur Projekte im Jahr 1977.

„Dieses Setting schien mit seiner kreativ-bizarren Note einfach ideal für einen Münster-Tatort“ sagt Drehbuchautor Christoph Silber. „Zugleich war mir wichtig, die Kunstwelt nicht zu karikieren, sondern ein möglichst ehrliches Porträt abzuliefern.“ So ganz ist das zwar nicht gelungen, schließlich sind die Akteure auch diesmal gehörig überzeichnet.

Doch ebenso wie die Tatsache, dass die Spur zum Täter unweigerlich über Thiels Vater und dessen Taxifahrten zu führen scheint, verzeiht man dem Ermittler-Duo auch diesmal so manches Klischee. Schließlich ist in der Kunst wie in der Liebe alles erlaubt – alles außer Mord. (dpa)